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     Die Prototypen ab 1956   

Am 18. Juli 1956 beschloss ein Komitee mit dem Vorsitz Colin Neale's das "109E Medium Car Proposal" als Langzeitprojekt. Die Produktion des  Consul MK II mit 6 Sitzplätzen wurde eingestellt und die Marketing Strategen von Ford prognostizierten einen wachsenden Markt im Mittelklasse-Segment. 

Nach vielen Diskussionen um die Zielsetzung und Pflichtenheft wurden erste Design-Skizzen am 20. Oktober 1956 vorgestellt. Nachdem diese Skizzen genehmigt waren, wurde sofort mit der Erstellung eines Prototyps begonnen. Motor, Getriebe und Fahrwerk wurde in eine Prefect-Karosserie eingebaut und ersten Tests unterzogen. Ab Mai 1957 wurden weitere neue Komponenten entwickelt und noch im Prefect getestet.

Ziel war, eine Ausgangsbasis für eine Reihe weiterer Variationen zu sein. Dies sollte die Entwicklungskosten niedrig halten. Die sehr erfolgreiche Anglia-Reihe stand Pate für außergewöhnliche Dachform mit dem inversen Heckfenster, das sonst nur noch bei Citroens Ami zu finden war. Offensichtlich wollten die Designer die Heckflossen der amerikanischen Vorbilder  auch in diese Modellreihe einfließen lassen und kreierten waagrechte Flossen, wie sie beim Chevrolet Impala zur selben Zeit aktuell waren.

Im Januar 1958 wurde die erste in Handarbeit erstellte Karosserie fertiggestellt und von den Karosseriebauern auf den Namen "Fred" getauft. Während "Fred" als Erlkönig getarnt tausende Kilometer abspulte, wurden weitere 15 Prototypen aufgebaut. Ende März 1958 waren 16 Prototypen in allen Teilen der Welt auf Testfahrt. Nummer 6 spulte in Nairobi / Kenia fast 40.000 Kilometer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 83,2 km/h bei einer Außentemperatur von über 40 °C erfolgreich ab. Nummer 11 war bei über -30 °C in den Bergen Schwedens unterwegs. Einen Monat später wurden Nummer 13 und 14 in Detroit einem Zerstörungstest unterzogen, während die verbleibenden Fahrzeuge weiter unter Testbedingungen Kilometer sammelten und in eigens für diese Tests errichteten Werkstätten gewartet und auf Verschleiß untersucht wurden. 

Fast 2 Millionen Kilometer wurden die Prototypen auch über Schotterwege gejagt, im M.I.R.A. Staubtunnel tagelang Wüstenbedingungen ausgesetzt und auf deutschen Autobahnen mit 130 km/h auf Vollgasfestigkeit getestet. Kurios waren Tests, bei denen über lange Strecken eine schwere Last im 1. Gang gezogen werden mussten. Tractor-Pulling in den 50ern!

Während der 5 jährigen Entwicklungsphase wurden auch Karosserie-Variationen entworfen, die die Produktlinie erweitern sollten. Ein Beispiel für ein leider nicht verwirklichtes Modell war der Consul Classic Estate, von dem ein Tonmodell im Maßstab 1:1 angefertigt wurde. Angesichts der enormen Ladekapazität wäre der Estate ein wahres Raumwunder geworden. Diese Designlinie wurde aber nicht weiter verfolgt und das Tonmodell wurde schon kurze Zeit später wieder zerstört.

Verwirklicht wurde schließlich eine sehr attraktive Version des Classic, der Consul Capri 335. Unter dem Codenamen "Sunbird" entstand ein 2 + 2-sitziges schnittiges Coupè. Der junge Designer Charles J. Thompson war für die neue Dachlinie zuständig. Ich hatte das Glück, Charles J. Thompson 1995 in Dagenham zu treffen. Er konnte sich noch gut an den Moment erinnern, als Horace Denne in das Designstudio kam, in dem er gerade an der Dachlinie arbeitete. Denne trat an sein Zeichenpult, verweilte ein paar Minuten und ging mit den Worten:" Baut den Wagen genau mit diesem Dach!" Der erste Prototyp, noch als SB 60 gekennzeichnet, hatte dieselbe Frontscheibe und Scheibenneigung wie der Classic. So ganz zufrieden war man damit noch nicht und verkürzte die Scheibe auf Wunsch Sir Patrick Hennessys um etwa 5 cm. Damit fügte sich das Dach harmonischer in die Gesamtlinie ein. Allerdings erkaufte man sich damit ein geringere Kopffreiheit, was eine geänderte Sitzposition nötig machte. Das komplette Sitzgestell wurde um 5 cm tiefer gelegt. Die Chromleisten an der C-Säule wurden am Übergang zu Kofferraum etwas schlanker gestaltet und der Name endgültig auf Consul Capri festgelegt.

 

 © 2004  Cersten Richter